Sanft und stille
„Mit Fried‘ und Freud‘ ich fahr dahin“ (Bach)
„Schlaft wohl, ihr seligen Gebeine“ (Telemann)
Beide Kantaten, „Du aber Daniel“ und „Actus tragicus“, beschäftigen sich mit den großen Fragen zu Tod und Leben, Zeit und Ewigkeit:
- mit der Angst vor Vergänglichkeit: „Brecht ihr müden Augenlider, sinket ihr erstarrten Glieder“ (Telemann)
- mit dem Verlangen, das Geheimnis von Tod und Leben zu verstehen: „Herr lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“ (Bach)
- mit der Konsequenz, die die Einsicht in unsere Sterblichkeit für unser Leben jetzt hat: „Bestelle dein Haus, denn du wirst sterben“ (Bach)
- mit der Sehnsucht nach dem Tod als Flucht vor den Bedrängnissen des Alltags: „Du Aufenthalt der blassen Sorgen, verhasste Welt zu guter Nacht“ (Telemann)
- schließlich mit der Bereitschaft, Ängste und Sehnsüchte loszulassen: „In deine Hände befehle ich meinen Geist“ (Bach)
- und mit der Sehnsucht nach Einssein mit Gott im Übergang zwischen Leben und Tod: „Heute wirst du mit mir im Paradies sein“ (Bach)
All diese (und andere) Gedanken, getränkt von Emotionen, fließen ein die Musik – aber der Trost, der sich aus diesem Prozess herauslöst, liegt nicht in der Sicherheit eines Lebens nach dem Tod – oder dem Gegenteil, dass mit dem Tod alles aus ist – sondern in einem offenen Zustand von Seelenfrieden, nicht mit Blick auf die Zukunft, sondern auf dieses Leben, gerade auch Angesichts des Todes und aller offenen Fragen dazu. Eine Friede, der weder durch philosophisch-theologische Spekulationen erreicht wird, noch durch Verdrängung und positives Denken. Nachdem wir alles bedacht und gefühlt haben, uns allen Ängsten und Hoffnungen gestellt haben und durch sie hindurchgegangen sind, wächst uns vielleicht der Mut loslassen und dem Zusammenspiel von Leben und Tod zu vertrauen.
„Getrost ist mir mein Herz und Sinn, sanft und stille. Wie Gott mir verheißen hat: der Tod ist mein Schlaf worden.“ (Bach)
Und in Ermangelung von Bildern einer Welt jenseits des Todes, die wir nicht kennen, geben die Dichter und Komponisten uns Bilder des Vertrauens und Getragenseins, die wir aus diesem Leben kennen – das Bild des Schlafes, das Bild einer Reise in einem Schifflein, einem Kahn.
„Komm sanfter Tod, du Schlafes Bruder, komm löse deines Schiffleins Ruder und führe meinen Lebenskahn ans Land der guten Hoffnung an, wo stete Ruh und Freude lacht.“ (Telemann)