Wir haben ein Geld-Problem – sehen wir es als Chance
Wer ein Problem mit Geld hat, wird auch ein Problem mit seinem Crowdfunding haben.
Und genau deshalb liest du gerade diesen diesen Beitrag. Ich sehe bei vielen kreativen Menschen, Aktivist:innen und Gründer:innen dieselbe Hürde: Sie wollen etwas Bedeutendes schaffen, aber beim Thema Geld zieht sich innerlich alles zusammen. Scham taucht auf. Zweifel melden sich. Und plötzlich stehen nicht mehr das Projekt und sein Wert im Mittelpunkt, sondern lauter private Sorgen und Glaubenssätze. Zeit, das zu drehen – für dein Wachstum.
Warum es nicht um Geld geht, sondern um Wert
Wenn ich über „Geld“ spreche, meine ich eigentlich „Wert“. Wert meiner Arbeit. Wert der Menschen, die mitarbeiten. Wert der Wirkung, die wir gemeinsam erzeugen. Familie und enge Freund:innen unterstützen oft, weil sie mich kennen. Fremde unterstützen, wenn sie den Wert verstehen. Das ist kein Mangel an Nähe, sondern ein normaler Mechanismus: Wir alle geben Geld dort aus, wo wir Sinn, Qualität oder Wirkung erkennen.
Aus der Verhaltensökonomie wissen wir, dass Menschen Entscheidungen selten rein rational treffen. Drei Effekte helfen dir, dein Projekt klarer zu positionieren:
Ankereffekt: Nenne bewusst eine Summe und begründe sie. Der erste genannte Betrag wird zum Referenzpunkt, an dem Unterstützende ihren Eindruck ausrichten. Wenn du klein startest, wirkt später alles groß. Wenn du selbstbewusst startest, wirkt dein Vorhaben realistisch und professionell.
Soziale Bewährtheit: Menschen schließen sich eher an, wenn sie sehen, dass andere schon dabei sind. Zeige frühe Zusagen, Testimonials, erste Medien- oder Community-Signale.
Wert-Signaling: Höhere, gut begründete Preise kommunizieren oft Qualität und Ernsthaftigkeit. Ein Projekt mit klarer Kalkulation wirkt verlässlicher als eines mit „mal sehen“.
All das heißt nicht, dass du „zu teuer“ werden sollst. Es heißt, dass du deinen Wert kommunizierst, statt dich bei Zahlen zu ducken.
Warum wir Scham fühlen – und wie wir sie transformieren
Viele von uns verbinden „Geld bitten“ mit Abhängigkeit oder Schwäche. Psychologisch ist das nachvollziehbar: Wir verwechseln Projektfinanzierung mit persönlichem Defizit. Wir hören „5.000 €“ und unsere Gedanken springen sofort zu „acht Monatsmieten“ oder „Gebrauchtwagen“. Dabei geht es gar nicht um dich als Person. Es geht um den realen Aufwand, die Menschen, die dafür arbeiten, die Materialien, die Infrastruktur und die Wirkung, die entsteht.
Hilfreich ist ein Perspektivwechsel:
Vom „Bitte“ zum „Angebot“: Du bittest nicht um Almosen. Du bietest eine Leistung, ein Erlebnis, eine kulturelle oder gesellschaftliche Wirkung an. Unterstützende ermöglichen etwas, das ohne sie nicht stattfinden würde.
Von „Kosten“ zu „Investition“: Für Unterstützende ist ihr Beitrag eine Investition in Sinn, Kultur oder Innovation – mit Gegenwerten, die entweder materiell (Buch, Konzert, Produkt) oder immateriell (Teil der Ermöglichung, Community, Status) sind.
Von „privat“ zu „projektbezogen“: Private Sorgen gehören nicht auf die Projektbühne. Du sprichst über Produktionskosten, Honorare, Reichweite, Nachhaltigkeit – und wie aus Geld Wirkung wird.
Preisfindung: Erstes Marktsignal aus dem Freundeskreis
Ein pragmatischer Weg: Teste deinen Preis im Freundeskreis – nicht als Gefälligkeit, sondern als ehrliche Mini-Marktrecherche.
Beispiel Buch:
Ladenpreis später: 20 € (Hardcover)
Crowdfunding-Preis: 30–35 € mit Extras wie Signatur, Postkarte, Sticker
Wenn enge Freund:innen diesen Preis nachvollziehbar finden, ist das ein starkes Signal. Fremde, die deinen Wert verstehen, akzeptieren häufig ähnliche Preisniveaus. Der Unterschied: Sie brauchen eine klare Begründung und einen sichtbaren Mehrwert. So lässt sich ein Preis ableiten, der Produktion und Nebenkosten realistisch abbildet – und dein Projekt trägt. Das ist kein Trick, sondern klassisches „Value-based Pricing“ mit Community-Feedback.
Inflation ist real – und deine Kalkulation muss es auch sein
Wenn um dich herum alles teurer wird, kann dein Projekt nicht günstiger werden. Was vor acht Jahren 1.500 € kostete, liegt heute vielleicht bei 2.500 €. Das ist keine „Gier“, das ist ökonomische Realität. Projekte scheitern selten an „zu ehrlichen“ Budgets, aber oft an Budgets, die reale Kosten verschweigen. Transparenz schafft Vertrauen:
Zeig die Posten: Produktion, Honorare, Lizenzen, Logistik, Kommunikation, Plattformkosten, Puffer.
Erkläre die Wirkung: Was wird durch jeden Euro ermöglicht?
Begründe Preissprünge: Material, Energie, Löhne, Dienstleisterpreise – zeig, dass du sauber kalkulierst.
Diese Offenheit reduziert kognitive Dissonanz bei Unterstützenden: Je klarer der Weg von Geld zu Wirkung, desto geringer das Bauchgefühl von Risiko.
Mehrfaches Nachfragen ist nicht unhöflich – es ist professionell
Im Marketing ist es Standard: Wir reagieren selten auf die erste Berührung. Aufmerksamkeit entsteht durch Wiederholung. Für Crowdfunding heißt das:
Nutze mehrere Aufhänger: Produkt-Feature, Story hinter dem Projekt, Limited Edition, Bundle, Early Bird, Vergleich zum Status quo (Was fehlt ohne dein Projekt?).
Variiere die Perspektive: Wirkung vor Ort, Beitrag zur Szene, Nachhaltigkeit, Erstmaligkeit (erste Ausstellung seit Jahren), Bildungsaspekt.
Bau Rhythmus auf: Road to Launch, Launch, Zwischenziele, letzte 72 Stunden, Dank an Meilensteine.
Psychologisch gilt das Mere-Exposure-Prinzip: Wiederholte, positive, variierte Berührungspunkte erhöhen Vertrautheit und Bereitschaft zu handeln. Deine Aufgabe: relevant bleiben, nicht nerven. Das gelingt mit echtem Inhalt statt nur „Reminder 3/10“.
Positioniere dich als Ermöglicher:in
Gerade in Kultur- und Sozialprojekten geht es um Ermöglichung. Wenn in einer Stadt seit Jahren keine Ausstellung stattfand, ist dein Projekt nicht nur ein Event, sondern ein Infrastrukturakt. Das schafft Legitimation – und öffnet Türen:
Kooperationen mit Orten und Initiativen
Lokale Presse
Fördervereine, Stiftungen, Stadtgesellschaft
Formuliere klar: „Mit eurem Beitrag ermöglichen wir X – für Y Menschen – mit Z Wirkung.“ Das übersetzt abstrakte Kultur in greifbare Gemeingüter: Zugang, Teilhabe, Sichtbarkeit.
Die Klarheitsfragen, die jede Kampagne beantworten muss
Bevor du startest, beantworte dir und deiner Community diese Fragen laut und konkret:
Wie viel Geld brauche ich wirklich – und wofür genau?
Welche Gegenleistungen biete ich, und wie begründe ich ihren Wert?
Welche Zielgruppen habe ich, und warum ist das Projekt für sie relevant?
Welche Kanäle nutze ich, in welchem Rhythmus, mit welchen Story-Bausteinen?
Welches Kampagnenbudget setze ich ein, und wie rechnet es sich?
Was ist mein Plan B bei Engpässen? Wo kann ich skalieren, wo nicht?
Diese Klarheit nimmt dir die Unsicherheit beim Sprechen über Geld. Sie schafft einen roten Faden, an dem sich Menschen entlanghangeln können – von der ersten Neugier bis zur Unterstützung.
Was ich selbst gelernt habe
Ich habe gelernt, große Zahlen auszusprechen, ohne zu blinzeln. 5.000 €, 12.000 €, 38.000 € – nicht als Druck, sondern als Rahmen, in dem Arbeit fair bezahlt und Wirkung real wird. Ich habe gelernt, dass Menschen die Wahrheit über Budgets respektieren. Dass sie eher abspringen, wenn etwas „zu billig“ wirkt oder sie die Kosten nicht verstehen. Und dass ich immer dann am meisten Unterstützung bekomme, wenn ich den Wert meiner Arbeit nicht relativiere, sondern belege:
mit Kostenklarheit
mit Wirkungsgeschichten
mit sinnvollen Preisstufen
mit einer Community, die früh mitredet
Und ich habe verstanden: Es ist okay, mehrfach zu fragen. Es ist okay, eine Summe zweimal zu erklären. Es ist okay, zu sagen „Ich brauche eure Hilfe“. Denn ich biete etwas an, das ohne euch nicht entstünde – und das uns als Gesellschaft reicher macht.
Du hast sicher schon mitbekommen, dass Startnext im November 2025 sein Geschäftsmodell genau aus dieser Erfahrung heraus zu festen Provisionen hin geändert hat. Ja, Startnext ist jetzt so klar mit seinem Wert, dass es ein Premium-Produkt für 14% Provision anbietet. Damit setzen wir ein Signal am oberen Ende der typischen Preise im Crowdfunding-Markt. Dieser Preis soll unter anderem erreichen, dass du darüber nachdenkst, was ist dir Startnext wert und was ist dir dein eigener Erfolg wert. Wenn du das Premium-Produkt von Startnext buchst, bekommst du 15 Jahre Crowdfunding-Erfahrung, schonungsloses Feedback, was dir helfen wird, mit deinem Projekt zu wachsen. Das ist im Grunde auch 30% Provision wert.
Konkrete Schritte, die du sofort gehen kannst
Schreib dein Budget herunter. In Netto- und Bruttobeträgen. Mit Puffer.
Definiere drei Preisstufen. Eine Basis, eine Plus, eine Ermöglicher-Stufe.
Teste im Freundeskreis die Plus-Stufe. Höre zu. Begründe. Justiere.
Plane 4–6 Story-Bausteine. Wirkung, Making-of, Menschen, Ort, Erstmaligkeit, Limitierung.
Lege Kampagnenrhythmus fest. Welche Touchpoints in Woche 1, 2, 3…?
Formuliere deinen „Wert-Absatz“: In 5–7 Sätzen von Geld zu Wirkung.
Und dann: Geh raus. Sprich. Höflich, klar, überzeugt.
Dein Projekt braucht dich mutig – und uns gemeinsam
Wir haben kein Geldproblem. Wir haben ein Wertgespräch, das wir zu selten führen. Wenn du lernst, über Wert zu sprechen, verliert Geld seinen Schrecken und gewinnt seine eigentliche Rolle zurück: als Mittel, um gute Arbeit möglich zu machen. Ich will, dass du wächst – in Klarheit, in Reichweite, in Wirkung. Und ja: auch im Umgang mit Geld. Denn dort, wo wir mutig werden, wächst nicht nur das Budget. Da wächst unsere Kultur.
Wenn du ein Problem mit Geld hast, hast du ein Problem mit Crowdfunding. Aber wenn du Klarheit über Geld gewinnst, gewinnst du eine Community, die mit dir möglich macht, was vorher fehlte. Kannst du dir noch nicht vorstellen? Das ist okay. Das geniale an Crowdfunding ist ja auch, dass du klein anfangen kannst, um dich mit jedem Projekt zu steigern.
Let’s go, viele Spaß beim Wachstum
Dein Denis
TL;DR
Sprich über Wert, nicht nur über Geld.
Preise testest du zuerst im Freundeskreis, begründet und ehrlich.
Inflation gehört in die Kalkulation – Transparenz schafft Vertrauen.
Wiederholtes Nachfragen ist professionell, nicht aufdringlich.
Positioniere dich als Ermöglicher:in. Zeige Wirkung, nicht nur Produkt.
Klare Antworten auf Budget-, Zielgruppen- und Story-Fragen sind dein Fundament.