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19.09.2013

Die Pueblo-Indianer von Dietmar Kuegler

Sven Schnell
Sven Schnell18 min Lesezeit

Bis heute stehen sie im Schatten der berittenen, federgeschmückten Krieger der Plains. Dabei waren sie ebenso kämpferisch, ihre Kultur war nicht weniger farbig. Sie waren die ersten Indianer des nordamerikanischen Binnenlandes, die Kontakt mit Europäern hatten. Die spanischen Eroberer trafen auf etwa 90 Dörfer, die sie "Pueblos" nannten. Heute sind davon in New Mexico 19, sowie die Hopi-Pueblos in Arizona geblieben. Ihre Siedlungen gehören zu den ältesten bewohnten Orten Nordamerikas und zu den ältesten Zivilisationen der Neuen Welt. Weder Spanier, noch Mexikaner oder Amerikaner haben die Traditionen der Pueblos merklich ändern können...

Am Anfang standen Legenden: Christoph Columbus glaubte nach seiner dritten Reise, den biblischen Garten Eden gefunden zu haben. Ponce de Leon, ein anderer bedeutender spanischer Entdecker, war überzeugt, in der Neuen Welt läge der in alten Schriften erwähnte "Jungbrunnen". Weitere Konquistadores, die mit Kreuz und Schwert in die Weiten des neuen Kontinents vorstießen, waren sicher, daß das Land vor ihnen lag, in das bei der Invasion der Mauren im Jahr 734 in Spanien die sagenhaften 7 Bischöfe geflohen seien, die "7 goldene Städte" gegründet hätten.

Die Sehnsucht nach ewiger Jugend, Seelenheil und Reichtum trieb die Konquistadores dazu, in Gebiete vorzudringen, von deren Ausdehnung, Tier- und Pflanzenwelt und vor allem von deren Bewohnern sie nichts wußten. Ab etwa 1530 gingen unter den Spaniern Gerüchte von reichen, großen Siedlungen nördlich von Mexiko um. Aber es war erst die an der Küste des heutigen Texas gestrandete Narváez-Expedition, deren Überlebende, geführt von Cabeza de Vaca, bei ihrem jahrelangen verzweifelten Rückmarsch nach Mexiko konkretere Nachrichten über die geheimnisvollen "7 goldenen Städte" hörten. De Vaca schrieb: "Wir zogen durch ... ständig bewohntes Land, wo es im Überfluß Mais und Bohnen gab. Die Menschen hier gaben uns unzählige Hirschhäute und Wolldecken, die letzteren besser als jene, die in Neuspanien hergestellt werden, sowie Perlen aus Korallen der Südsee, feine Türkise aus dem Norden... Sie sprachen von hohen Bergen im Norden, wo es stark bevölkerte Städte mit großen Häusern gäbe."

Die Berichte genügten dem spanischen Vizekönig Mendoza, eine Entdeckungsexpedition, eine sogenannte "Entrada", in jene Region auszurüsten, die die Indianer "Cibola" genannt hatten. Zu dieser Expedition, die am 7. März 1539 aus der spanischen Stadt Culiacan aufbrach, gehörte auch ein franziskanischer Mönch namens Marcos de Niza. Ihm war es vergönnt, als erster Europäer einen Blick auf eine der sagenhaften Städte von Cibola zu tun. Da seine Vorhut von Zuni-Indianern massakriert wurde, war Marcos vorsichtig genug, sich das Zuni-Pueblo Hawikuh nur von weitem zu betrachten. Berauscht kehrte er im Juni 1539 nach Neuspanien zurück und berichtete, Hawikuh sei größer als Mexico City und berge enorme Reichtümer. Daraufhin machte sich eine spanische Streitmacht unter Vasquez de Coronado auf den langen Marsch nach Norden.

Menschliche Ansiedlungen im heutigen amerikanischen Südwesten begannen, archäologischen Funden zufolge, vor mindestens 12.000 Jahren, als erste Gruppen nomadischer Jäger Mammute, Kamele und Bisons jagten. Siedlungsplätze seßhafter, Landwirtschaft treibender Menschen in dieser Region sind etwa für die Zeit 300 v. Chr., also vor über 2.000 Jahren nachgewiesen. Mit der Kultivierung von Mais, Kürbis und Bohnen begann die Dorfkultur dieses Gebiets, die zu ausgefeilten sozialen Organisationen, reichem Zeremonialismus, umfangreicher Handwerkskunst und Höchstleistungen der Architektur führte. Um das Jahr 1000 n. Chr. erreichten die Dorf-Indianer ihr "Goldenes Zeitalter", den Höhepunkt ihrer Kultur. Nur gestört von gelegentlichen Überfällen kriegerischer Stämme, die die landbauenden, aber äußerst wehrhaften Völker mehrfach zwangen, ihre Siedlungsplätze aufzugeben und sicherere Dörfer zu errichten.
Die Anasazi - in der Sprache der Navajo "die Alten" -, nach wissenschaftlicher Meinung die Vorfahren der heutigen Pueblo-Indianer, verließen zunächst ihre sorgfältig gebauten Häuser auf bewaldeten Hochebenen und bauten festungsähnliche Behausungen unter schwer zugänglichen Klippen in schroffe Felshöhlen hinein, die nur über halsbrecherische Treppen oder Leitern zu erreichen und leicht zu verteidigen waren, wie in der Mesa Verde, dem heutigen Südwest-Colorado. Warum diese Meisterwerke früher Baukunst - teilweise 5 Stockwerke hohe Gebäude mit bis zu 800 Räumen - zwischen 1200 und 1400 unserer Zeitrechnung unvermittelt aufgegeben wurden, ist bis heute umstritten. Dürreperioden, die die auf den Hochebenen gelegenen Felder ihrer Fruchtbarkeit beraubten, ein Versiegen der Wasserreservoirs sind mögliche Gründe. Nach gängiger Meinung zogen die Anasazi-Gruppen südwärts, zerstreuten sich, bildeten neue Familienverbände und ließen sich in den Tälern des Rio Grande und des Pecos nieder. Einige zogen ins Gebiet des heutigen Arizona. Sie errichteten mehrstöckige Häuser aus Lehmziegeln und behauenen Felssteinen und entwickelten in dieser regenarmen, teilweise wüstenartigen Region, in der sie sich vor ihren Feinden sicher fühlten, ausgeklügelte Methoden für Landbau und Bewässerung. Ihre Waffen waren Bogen und Pfeile, Speere, Messer und Keulen, sowie ein bumerangähnliches Wurfholz für die Hasenjagd. Archäologische Funde deuten auf Tausende von Dörfern mit Zehntausenden von Bewohnern hin.

Bis heute erscheint die Pueblo-Kultur auf den ersten Blick gleichartig. Tatsächlich deuten das Zeremonialleben ebenso wie die Art der Behausungen auf gemeinsame Wurzeln hin. Gemeinsam ist ihnen der Glaube, die Menschen seien irgendwann, nachdem sie durch verschiedene Welten, die Stadien ihrer Entwicklung darstellten, gewandert seien, geleitet von guten Göttern aus der Unterwelt zu ihrer gegenwärtigen Existenz aufgestiegen, die auch nur eine Durchgangsstation ist. In ihren heiligen Räumen, den Kivas, findet sich daher stets das Sisapuh, ein Loch im Boden, das die direkte Verbindung zur Unterwelt darstellt. Auch die Lebensphilosophie der Völker war ähnlich, ebenso die Techniken des Landbaus, sowie die Handwerkskunst. Gleichwohl entwickelten sich Unterschiede. Pueblo-Indianer bilden keinen Stamm. Zwar bestanden familiäre und Handelskontakte zwischen den Dörfern, aber jedes Pueblo war und ist bis heute auf ihre kulturelle Eigenständigkeit bedacht. Die Sprache ist dabei ein markantes Element: In den Pueblos Taos, Picuris, Sandia und Isleta wird noch immer Tiwa gesprochen, in den Siedlungen San Juan, Santa Clara, San Ildefonso, Nambe, Tesuque und Pojaoque Tewa, und in Jemez Towa. Alle drei Dialekte gehören zur Tanoan-Sprache. Die Pueblos Acoma, Cochiti, Laguna, San Felipe, Santa Ana, Santo Domingo und Zia sprechen Keresan. Die Zuni sind ebenso eine isolierte Sprachgemeinschaft wie die Hopi in Arizona.

Die einzelnen Siedlungen hatten weltliche Oberhäupter, die in Fragen der Jagd und der Kriegsführung Anordnungen trafen, aber die eigentliche Macht wurde von den religiösen Führern ausgeübt. Sie stellten die Verbindung zwischen der realen und der unsichtbaren Welt her. Sie vermittelten zwischen den Menschen und den Göttern, heilten Kranke, wußten die Zeichen des Wetters zu deuten, hatten astrologische Fähigkeiten und leiteten das Ritualleben. Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß es die moralische und geistige Autorität der Pueblo-Priester war, die die Kultur dieser Völker im Wandel der Jahrhunderte aufrechterhielt. Sie legten die Verhaltensrichtlinien der Gruppe fest, verkündeten die Werte, an die sich die Menschen zu halten hatten.

Äußere Bedrängnisse führten zu einem festen Gruppenzusammenhalt, der durch die Bildung von Clans und Bünden, denen Priester vorstanden, gestärkt wurde. Die Bünde hatten ihre eigenen Kivas, in denen ihr Ritualleben stattfand. Bei den gemeinsamen Zeremonien, die für reiche Ernten, Jagdglück, Gesundheit, Fruchtbarkeit und das allgemeine Überleben der Völker durchgeführt wurden, traten die "Kachinas", auf, beispielsweise "Yamukato", der Gott der Krieger, oder "Sayatasha", der bedeutende Regengott. Die Tanoan-Pueblos waren baulich und sozial in zwei Hälften geteilt, die Sommer und Winter, Tag oder Nacht symbolisierten und jeweils bestimmte weltliche und religiöse Verantwortlichkeiten für das Ganze trugen.

Als sich Coronado im Juli 1540 den Dörfern der Zuni näherte, wußte er nicht, daß er eine der ältesten menschlichen Siedlungen dieser Region vor sich hatte. Die Zuni zählten zu dieser Zeit etwa 3.000 Menschen und siedelten in 6 Dörfern, von denen Hawikuh das größte war. Sie waren auf äußere Angriffe vorbereitet. Erfahrungen mit marodierenden Nomadenstämmen hatten sie gelehrt, sich zu verteidigen. Frauen und Kinder wurden auf eine nahe Mesa evakuiert. Die Leitern ihrer mehrstöckigen Häuser wurden eingezogen. Als die Eindringlinge das Dorf umringten, empfing sie ein Hagel von Pfeilen. Aber die Feuerwaffen der Spanier taten mit Donner, Blitz und Zerstörungskraft ihre Wirkung. Das Pueblo wurde genommen. Das Resultat jedoch war enttäuschend für die Gold und Juwelen erwartenden Spanier. Erbost schrieb Coronado an den Vizekönig: "Ich kann Ihnen versichern, daß Marcos nicht in einem einzigen Punkt die Wahrheit gesprochen hat."

Es gab weder Gold und Silber, noch andere Reichtümer. Der kulturelle Schatz, den die neu entdeckten indianischen Städte im Rio-Grande-Gebiet bargen, wurde von den Spaniern als heidnisch abgetan. Immerhin erstellten sie Berichte über ihre Beobachtungen, die ein frühes Bild von der Lebensart der Pueblo-Völker hinterließen. Coronado schrieb: "Sie haben keine Führer wie in Neuspanien, sondern sie werden von einem Rat der Ältesten regiert. Sie haben ihre Priester, die sie "Väter" nennen, die zu ihnen predigen. Bei diesen Priestern handelt es sich um alte Männer, die morgens bei Sonnenaufgang die hohen Terrassen der Pueblos besteigen und von dort, wie städtische Ausrufer, zu den Leuten predigen, die - entlang der Gänge sitzend - schweigend lauschen. Die Priester sagen den Leuten, wie sie zu leben haben. Ich glaube, sie geben ihnen einige Anordnungen, die zu beachten sind, denn es gibt keine Trunkenheit, keine Sodomie und keine Menschenopfer unter ihnen, noch essen sie Menschenfleisch oder stehlen."

Coronado schickte von Hawikuh aus Beobachter tiefer ins Landesinnere. Die Spanier drangen ins heutige Nordost-Arizona ein und stießen auf die Dörfer der Hopi. Capitan Hernando de Alvarado war der erste Europäer, der das isoliert gelegene, auf einer 120 m hohen Mesa gebaute Pueblo Acoma sah, das nur über einen schwierigen, in den Felsen gehauenen Pfad zu erreichen war. Er schrieb: "Es ist die stärkste Siedlung, die man sich vorstellen kann, da die Stadt auf einen hohen Felsen gebaut ist. Der Zugang ist so schwierig, daß wir es vermieden, bis zur Spitze zu klettern. Die Häuser sind drei und vier Stockwerke hoch. Die Leute hier sind ähnlich denen in der Provinz Cibola (Zuni), und sie verfügen über beträchtliche Vorräte von Mais, Bohnen und Truthähnen wie die in Neuspanien." Ein anderes Mitglied seiner Expedition schrieb: "Es ist die stärkste Festung, die die Welt je gesehen hat." Der Empfang der rüstungsbewehrten, berittenen Fremden war überwiegend freundlich-zurückhaltend. Vertreter aus Cicuye zogen mit Geschenken nach Hawikuh zu Coronado und drückten ihren Wunsch nach freundschaftlichen Beziehungen aus.
Einer von Coronados Soldaten, Pedro de Castaneda, fertigte detaillierte Aufzeichnungen über das Leben der Pueblos an. Neben der Architektur der mehrstöckigen Häuser beeindruckte ihn das harmonische Familienleben der Indianer. Er beschrieb als erster die Sakralräume, die heute als "Kiva" bezeichnet werden.

Coronado marschierte weiter bis in die Plains des heutigen Kansas und kehrte im Frühling 1542 verbittert mit leeren Händen um. Zwei Franziskaner-Mönche, die er zurückließ, um die Pueblos zu christanisieren, wurden erschlagen, kaum daß die Armee Coronados abgezogen war.

Erst im Juni 1581 brach die nächste spanische Expedition ins Pueblo-Land auf: 9 Soldaten, 19 indianische Helfer und 3 Franziskaner-Mönche unter Führung von Augustin Rodriguez. Sie besuchten nicht weniger als 57 Pueblos. Dabei wurden Beobachtungen niedergeschrieben, die das tägliche Leben in den Dörfern in einer Weise skizzieren, wie es zum Teil noch heute anzutreffen ist. Das durchdachte Bewässerungssystem für die Felder in den Trockenzonen wurde erwähnt, ebenso die Töpferarbeiten, die "so exzellent und herrlich sind, daß sie den Töpferarbeiten in Portugal ebenbürtig und sogar überlegen sind." Die Spanier wurden Zeuge des reichen Zeremoniallebens der Pueblo. Der Berichterstatter schrieb: "Im Monat Dezember beginnen sie mit ihren Tänzen. Diese setzen sich für mehr als vier Monate in Intervallen einer bestimmten Anzahl von Tagen fort; ich glaube, alle fünfzehn Tage. Die Beachtung der Zeremonien ist allgemein."

Beschrieben wurden Details der Pueblo-Religion, die noch immer eine bedeutende Rolle spielen: Gebetsstäbe, die Teilnahme zeremonieller Clowns, Masken. Die Spanier wurden Zeuge des Schlangentanzes der Hopi, bei dem die Tänzer lebende Klapperschlangen in ihrem Mund tragen.

Bereits 1582 folgte eine weitere Expedition unter Führung von Antonio de Espejo. Diesmal wurden die Eindringlinge wesentlich reservierter empfangen. Ihr herrisches Auftreten verbreitete Furcht, die bald in Feindschaft umschlug. Als Espejos Truppe im Pueblo Puaray Nahrungsmittel verweigert wurden, ließ der Offizier 30 Männer zusammentreiben, warf sie in eine Kiva des Ortes und ließ sie bei lebendigem Leibe verbrennen. Im Pueblo Puala ließ er 16 Männer an Cottonwoodbäume binden und mit der Garotte erwürgen.

1590 brachte Gaspar Costano de Sosa die ersten spanischen Kolonisten ins Land der Pueblos. Widerstand wurde mit brutaler Gewalt gebrochen. De Sosa erzwang die Kapitulation von Cicuye und weiterer Pueblos. 1598 folgte Juan de Onate seinen Spuren. Er führte 129 Soldaten, die als Kolonisten im Pueblo-Land bleiben sollten, und ihre Familien bei sich hatten. Sie passierten zahlreiche Dörfer, die von ihren Bewohnern angesichts der heranrückenden Spanier verlassen worden waren. Im Juli 1598 versammelte Onate in der Siedlung Santo Domingo die Ältesten zahlreicher Pueblos um sich und verlangte ultimativ ihre Unterwerfung unter Christentum und spanische Krone. Am 8. September begann im Pueblo San Juan der Bau der ersten Kirche.

Onate zeigte sich als unerbittlicher Administrator. Er teilte das Pueblo-Gebiete in Verwaltungsdistrikte, gab den Dörfern spanische Namen und übertrug die Gerichtsgewalt auf die ihn begleitenden Priester. Die Indianer wurden in ein sklavereiähnliches Verhältnis gezwungen. Onates Soldaten trieben jeden Monat Tribute in Form von Ernteerzeugnissen, Decken, gegerbten Tierhäuten und anderen handwerklichen Gütern ein. Die Indianer wurden gewaltsam missioniert und getauft.

Den härtesten Widerstand leistete im Januar 1599 das Pueblo Acoma. Erste Versuche, die steile Sandstein-Mesa einzunehmen, scheiterten. Die Soldaten unter Vicente de Zaldivar beschossen Acoma mit Kanonen. Der Kampf dauerte 3 Tage. 11 Spanier starben. Die Verluste der Acomas werden auf 600 bis 800 geschätzt. Zwischen 70 und 80 Männer und gut 500 Frauen und Kinder wurden gefangen. Onate beschloß, um den Widerstand der Pueblos ein für allemal zu brechen, an den stolzen Acomas ein Exempel zu statuieren. Er ließ allen Männern über 25 Jahre öffentlich einen Fuß abhacken, danach wurden sie verurteilt, 20 Jahre spanischen Kolonisten zu dienen. Auch alle Frauen ab 12 Jahre wurden zu 20 Jahren Frondienst verpflichtet, und sämtliche Kinder unter 12 Jahre wurden ihren Eltern weggenommen und Kolonistenfamilien übergeben. Die Überlebenden des Kampfes von Acoma wurden sodann gezwungen, eine mächtige Missionskirche in ihrem Dorf zu errichten, die bis heute wie ein Fremdkörper zwischen den alten Adobe- und Felssteinhäusern emporragt. Die Verbitterung, die die Spanier mit diesen Maßnahmen erzeugten, ist bis heute, nach fast 400 Jahren, im Pueblo-Land nicht vergessen.

Die Leidenszeit der Pueblos endete nicht mit dem Abzug Onates 1610. Sein Verwaltungssystem blieb erhalten, und seine Nachfolger lockerten die Unterdrückung der Indianer nicht. 1631 gab es Missionen in 25 Pueblos und 90 christliche Kapellen im Indianergebiet. Doch trotz aller Bemühungen spanischer Militärs und eifriger Missionare wurde der Widerstand der Pueblos nie völlig gebrochen. 1623 erschlugen die Bewohner des Pueblo Jemez den Missionar Zarate Salmeron und wenig später auch seinen Nachfolger. Ebenso wurden in den Zuni-Siedlungen mehrere Missionare ermordet. Franziskaner-Mönche fielen auch dem Zorn der Bewohner von Taos und Picuris zum Opfer. Schuld war in der Regel die Unduldsamkeit der Mönche gegenüber dem traditionellen Zeremonialleben der Pueblos, die bis zu brutalsten Mißhandlungen einzelner Indianer durch Priester führte, wenn diese "Götzendienste" vermuteten. Schuld waren auch die erbarmungslosen Unterdrückungen jeglicher Selbständigkeit der Indianer. In den 1670er Jahren versuchten Mönche, die Ritualtänze zu verbieten, die Kivas zu zerstören, religiöse Führer zu arretieren. 1675 standen 47 Indianer unter Anklage der "Hexerei", 3 wurden öffentlich gehängt. "Die Patres ... zerstörten Masken, Gebetsfedern und andere geheiligte Gegenstände, um den heidnischen Glauben der Indianer auszurotten. Kachinatänzer, die man erwischte, wurden ausgepeitscht oder getötet. Von nun an mußten die Zeremonien im Geheimen begangen werden. Man versteht, daß sie bis zum heutigen Tag sehr auf den Schutz ihrer traditionellen Religion bedacht sind." (John Gattuso, 1992) Zwar wurde der Katholizismus formal durchgesetzt, aber die Pueblo-Völker dachten nicht daran, von ihren spirituellen Überzeugungen abzugehen. "Die Franziskaner mußten begreifen, daß das katholische Ritual die alten Eingeborenenreligionen nicht verdrängen und daß die Mönche die Dorfpriester und Medizinmänner nicht ersetzen konnten. Kivas und Dorfplazas, nicht die Kirchen und Missionen, blieben Zentren des dörflichen Lebens. Der christliche Glaube wurde, wenn er bis zu einem gewissen Grad akzeptiert wurde, als Ergänzung angesehen, nicht als Alternative zu einer Religion, die den Pueblos und ihren Vorfahren gut gedient hatte." (Alfonso Ortiz, 1994)

Auch das spanische Verwaltungssystem funktionierte nur eingeschränkt: Die Pueblo-Häuptlinge, die dem spanischen Gouverneur verantwortlich waren, sollten die Herrschaft der Kaziken, der Priester brechen, tatsächlich wurde niemand "Gouverneur" eines Pueblo, der nicht vom lokalen Schamanen ausgesucht und unterstützt wurde. Schlimmer als das spanische Militär und die aggressive Missionierung aber setzten die Krankheiten der Europäer den Pueblo zu. Allein 1640 starben etwa 3.000 Indianer an einer Pockenepidemie. Hinzu kamen ständige Überfälle durch Navajo, Comanchen, Ute und Apachen, die wie in den vorspanischen Tagen in die Pueblo-Gebiete einfielen. Sie sorgten für gelegentliche Vereinigungen von Pueblos und Spaniern, die gemeinsam gegen die räuberischen Feinde vorgingen.
Die "Kolonisierung" zeigte Folgen: Beim ersten Einmarsch der Spanier lag die Kopfzahl der Pueblo-Indianer schätzungsweise bei gut 50.000. Nur 70 Jahre später hatten lediglich 17.000 überlebt. Dutzende von prächtigen Dörfern waren regelrecht ausgestorben.

Am 10. August 1680 erhoben sich die Pueblo: Einem Sturmwind gleich fegten sie über die spanischen Siedlungen. Binnen 11 Tagen vertrieben sie die spanischen Kolonisten, Priester und Militärs aus dem ganzen Rio-Grande-Tal. Die letzten Spanier flüchteten am 21. August aus Santa Fe. Etwa 350 Kolonisten wurden getötet. Zahlreiche Missionen gingen in Flammen auf. Als die Spanier flüchteten, verschleppten sie 300 Isleta-Pueblos als Geiseln, die erst nach 20 Jahren in ihr Dorf zurückkehren konnten. Doch die aus der Verzweiflung geborene Einheit der Pueblo-Dörfer zerbrach bald. So konnten die Spanier 1692 unter Diego de Vargas zurückkehren und sich erneut in Santa Fe niederlassen. Sie blieben bis 1821. Allerdings gingen sie nun vorsichtiger vor. 1811 stellten die Behörden die Pueblos rechtlich den Spaniern gleich, als Anerkennung für ihre Hilfe bei den Feldzügen gegen kriegerische Nomadenstämme. Nach dem Unabhängigkeitskrieg Mexikos gegen Spanien traten für die Pueblos weitere Erleichterungen ein. Einige Dörfer verfügten inzwischen über Pferdezucht. Sie zogen zweimal im Jahr bis in die Plains auf Bisonjagd und erlegten bis zu 12.000 Tiere, mit deren Häuten sie lebhaften Handel trieben. Auch die Adlerjagd wurde gepflegt, wobei Wert darauf gelegt wurde, die Vögel lebend zu fangen. Die Adler dienten zeremoniellen Zwecken, und ihre als heilig geltenden Federn stellten hochgeschätzte Güter für den Handel selbst mit ihren alten Feinden, den Apachen und Navajo, dar. Pueblo-Trader drangen mit ihren geschätzten Waren bis tief in die Plains ein.

Die Eroberung der mexikanischen Gebiete durch die USA im Krieg von 1846-48 wurde von den Indianern begrüßt, aber ein Großteil des von den Pueblos beanspruchten Landes wurde bald von anglo-amerikanischen Siedlern aus dem Norden in Besitz genommen. Der Kampf um Selbstbestimmung ging weiter.

Die stabile soziale Struktur der Pueblo-Völker verhinderte eine Entwicklung wie in den Plains und Prärien, wo der systematische Landraub, die Vernichtung des Bisons und die Vertreibung der Nomadenstämme aus ihren angestammten Jagdgebieten in vergleichsweise kleine Reservationen zu einer Kulturvernichtung führte. Die abgeschiedene Lage der meisten Pueblos und die seßhafte Lebensweise erleichterten diesen Völkern das Überleben in einer sich verändernden Welt. Schon der erste amerikanische Indianeragent für New Mexico, James Calhoun, lehnte es strikt ab, die Pueblos ähnlich zu behandeln wie die als "unzivilisiert" geltenden Plainsindianer. Er schrieb: "Die Umsiedlung und Konzentrierung der verschiedenen Pueblos auf eine Reservation ist völlig abwegig. Ihre Behausungen sind denen in Santa Fe weit überlegen. Sie haben reiche Täler kultiviert, ziehen Mengen von Mais und Weizen heran, züchten große Herden von Pferden, Maultieren, Schafen und Ziegen. All das kann sogar noch gesteigert werden, wenn man ihre Fähigkeiten fördert und sie in landwirtschaftlichen Fragen unterrichtet."

1924 zwang der "Pueblo Lands Act" des US-Kongresses alle nichtindianischen Siedler auf Puebloland, ihre Besitzansprüche nachzuweisen oder den Stämmen finanziellen Ausgleich für unrechtmäßig weggenommenes Land zu zahlen. Da die amerikanische Indianerbehörde den Pueblos zudem weitgehende politische Autonomie einräumte, die durch Gerichtsentscheidungen noch gestärkt wurde, konnten sie ihren Lebensstil größtenteils beibehalten. Die handwerklichen Traditionen - Weberei, Töpferei, Korbflechterei und Schmuckherstellung - konnten sich weiterentwickeln und stehen nach wie vor auf dem höchsten Niveau aller nordamerikanischen Indianerstämme. Zwar stehen in den meisten Dörfern große Kirchen aus spanischer Zeit, die an Feiertagen, für Taufen, Hochzeiten und Begräbnisse genutzt werden, doch die Indianer haben weder ihre Ritualtänze und die geheimen Zeremonien in der Kiva, noch die Verehrung ihrer alten Götter aufgegeben. "Beide religiösen Systeme sind getrennt, und die Indianer finden es nicht problematisch, beide zu nutzen." (Tom Bathi, 1994)

Doch die Probleme des amerikanischen Alltags erreichen auch die isolierten, alten Siedlungen: Eheschließungen zwischen Pueblos und Nicht-Indianern schwächen den Zusammenhalt der Clans und den Einfluß der traditionellen Pueblo-Führungen. Die Bevölkerungszahl der Pueblos wächst wieder - wohl etwa 35.000 Menschen zur Zeit -, so daß die ihnen verbliebene Landreserve inzwischen immer kleiner wird. Fraktionsbildungen zwischen streng traditionalistisch eingestellten Indianern und solchen, die sich der amerikanischen Gesellschaft öffnen wollen, führen zu erbitterten Streitigkeiten. Die Landwirtschaft, einst bedeutendste Lebensquelle der Pueblos, geht ständig zurück, dafür nimmt die Arbeitslosigkeit zu. Der Alkoholismus wird auch für die Pueblos zum Problem. Die Welt der Pueblos hält keine romantische Utopie als Vision für die industrialisierte Gesellschaft bereit, sondern nur ein einfaches, sehr hartes Leben, das aber für viele junge Indianer verlockender zu sein scheint als die Anpassung an den Schmelztigel Amerika. Auf diese Weise haben es die Pueblos geschafft, mehr als 400 Jahre Okkupation fremder Kulturen zu überleben. Professor Alfonso Ortiz aus San Juan Pueblo schrieb (1994): "Die Pueblos waren fähig, Elemente der spanischen, mexikanischen und amerikanischen Kultur in ihre eigene zu übernehmen, ohne deren Kern zu erschüttern. Das hat den Pueblos erlaubt, ihr Wertesystem zu schützen und den Grad der Veränderungen zu bestimmen." Wer ein Pueblo betritt, spürt, daß die Zeit hier langsamer verrinnt. Oft gibt es weder Wasserleitungen noch Elektrizität. Dafür entsteigt den Hornos, den alten runden Ziegelöfen zwischen den Adobehäusern, der Duft des frischen Brotes, das die Frauen hier noch immer wie seit Hunderten von Jahren über Zedernholz backen. Und über die hohen Leitern an den alten Lehmmauern steigen die Kachinas wie eh und je vom Himmel herab, um ihr Volk zu behüten.


Dietmar Kuegler, Publizist seit fast 40 Jahren, schrieb über 50 Bücher und mehr als 600 Artikel und Aufsätze zur amerikanischen Besiedelungsgeschichte und Pionierzeit. Er hat alle relevanten historischen Plätze besucht und für seine Texte an Ort und Stelle recherchiert. In den letzten 10 Jahren hat er fast alle Pueblos in New Mexico mehrfach besucht und mit Bewohnern, sowie Stammeshistorikern gesprochen.

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