Poetische Utopie - Der Architekt Burkhard Grashorn
Mit dem Buchprojekt Poetische Utopie möchte der Weimarer Verlag M BOOKS erstmals das gesamte architektonische und künstlerische Werk des Architekten, Künstlers, Kritikers und Lehrers Burkhard Grashorn zugänglich machen. Burkhard Grashorn gehört zu den unbequemen und vielleicht auch deshalb heute eher unbekannten Vertretern einer Generation von Architekten, die in den 1970er und 1980er Jahren die intellektuelle Debatte über die Architektur in Deutschland durch Kritik und Entwurf gleichermaßen geprägt haben.
Wer seid ihr und was macht ihr?
Wir sind Michael Kraus und Simon Scheithauer und haben beide an der Bauhaus-Universität in Weimar Architektur studiert. Gemeinsam sind wir die Herausgeber des ersten Buchs über das architektonische und künstlerische Werk des Architekten und emeritierten Professors für Baugestaltung Burkhard Grashorn. Dafür haben wir ein umfangreich kommentiertes und bebildertes Werkverzeichnis erstellt und die Arbeiten mithilfe internationaler Autor*innen in den größeren architekturhistorischen und theoretischen Kontext eingeordnet.
Die Fotografen Mathias Schmitt und Michael Ott, bekannt als SCHMOTT, und die Grafikdesigner Tobias Dahl und Patrick Martin, die gemeinsam die Agentur Happy Little Accidents führen, unterstützen uns zudem bei der Umsetzung des Buches.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen?
Während des Studiums an der Bauhaus-Universität haben wir ab 2009 gemeinsam an der Gründung und Etablierung der bis heute erscheinenden, studentisch organisierten und veröffentlichten "Zeitschrift für Architekturdiskurs – HORIZONTE" mitgewirkt und dadurch Spaß an publizistischer Arbeit im Bereich Architektur gewonnen.
Burkhard Grashorn, der bis zu seiner Emeritierung als Professor für Baugestaltung im selben Jahr einer der wichtigsten Lehrer der Weimarer Schule war, haben wir in der zweiten Ausgabe der Zeitschrift im Herbst 2010 bereits einmal vorgestellt und dabei schon den Gedanken gefasst, sein umfangreiches Werk genauer zu erforschen. Es hat dann noch einige Jahre gedauert, aber seit mittlerweile fast dreieinhalb Jahren haben wir in 17 verschiedenen Archiven und in vielen Gesprächen mit Burkhard Grashorn seine Arbeiten erschlossen und nun für die Veröffentlichung vorbereitet.
Warum ist es euch wichtig, das Projekt zu realisieren?
Wir wünschen uns, dass mit dem Buch das Werk eines außergewöhnlichen Vertreters der Architektur der 1970er und 1980er Jahre wieder neu zugänglich und so eine bestehende Lücke in der Historiografie der deutschen Spät- und Postmoderne geschlossen wird. Denn obwohl Burkhard Grashorn mit seiner Arbeit "Der Turm der Architekturutopie" den Deutschen Beitrag auf der ersten Architekturbiennale 1980 in Venedig als Kommissar verantwortete und Freundschaften und Zusammenarbeiten mit Künstlern wir Michelangelo Antonioni oder Alfred Hrdlicka unterhielt, sind seine Arbeiten heute kaum noch bekannt. Insbesondere eine jüngere Generation soll daher durch das Buch die Möglichkeit haben, Grashorns Arbeiten kennen zu lernen.
Das lohnt sich, weil sein Werk von einem radikalen Geist geprägt ist, der sich jedem kompromissfordernden Verwertungsanspruch verweigert – eine Haltung, die heute selten geworden ist. Die das Werk Grashorns durchziehenden Themen, die Fragen nach der Sprache der Architektur und der urbanen Entwicklung, der Zersiedelung der Landschaft und den Wucherungen der Peripherien sowie deren historischen Ursachen, sind dabei auch heute noch bemerkenswert aktuell.
Mit wem würdet ihr gerne zusammen arbeiten?
Um das Werk Grashorns weiter bekannt zu machen, freuen wir uns, wenn die architektonischen Leitmedien ebenso wie das Feuilleton über das Buch berichten wollen. Auch Kooperationen mit Bloggern, die über Grashorns Arbeiten schreiben wollen, fänden wir prima. Darüber hinaus sind uns die Fachbuchhandlungen für Architektur und Kunst als Multiplikatoren besonders wichtig. Außerdem scheint es uns wichtig, die teilweise sehr großformatigen Arbeiten und Modelle nicht nur in der Verkleinerung im Buch sondern 1:1 erleben zu können. Deshalb wäre es schön, Grashorns Arbeiten im Kontext einer Ausstellung zeigen zu können. Hierfür sind wir für viele Formen der Kooperation offen.
Was sollten mehr Menschen wissen?
Architektur ist immer mehr als das bloße Erfüllen einer Funktion einerseits oder das Ausleben einer künstlerischen Vision andererseits. Architektur ist vielmehr unvermeidbar – sie umgibt uns ja alle jederzeit. Deshalb ist es wichtig, die gesellschaftspolitische Dimension der Architektur zu thematisieren. Burkhard Grashorn ist Zeit seiner aktiven Laufbahn nicht müde geworden, durch geäußerte Kritik ebenso wie durch seine Entwürfe darauf hinzuweisen.
Vielen Dank für das Interview und alles Gute für euer Projekt!
Hier könnt ihr das Projekt Poetische Utopie unterstützen und das Buch bestellen.
© Fotos: Gregor Theune / Poetische Utopie