SENtypha - Wie aus Schilfrohr im Senegal Ökobaustoffe und Arbeitsplätze geschaffen werden
Im Senegal wächst ein toller Rohstoff für Ökobaustoffe, und keiner traut sich an die Ernte? Zahlreiche Studien zeigen: Der Rohrkolben "Typha Australis" ist ein nachwachsender Rohstoff mit hohem Potenzial, aus dem z.B. Baumaterial hergestellt werden kann. Für die nachhaltige Ernte in großen Mengen fehlt aber bisher ein konkreter Plan und Infrastruktur. Diesen Plan möchte das Team rund um Heidi Schiller erstellen und somit zahlreiche Arbeitsplätze im Senegal schaffen. Mehr darüber berichtet sie uns im Interview:
Wer seid ihr und was macht ihr?
Wir sind ein kleines Familienunternehmen, das mein Mann Wolfgang und ich vor etwa zehn Jahren gegründet haben. Und zwar zu dem einzigen Zweck, mit sinnvollen Projekten im Senegal kleine und mittlere Betriebe aufzubauen. Ursprünglich haben wir uns auf die Stromversorgung per Solarenergie konzentriert, inzwischen sind wir gut drin in der kompletten Projektentwicklung. Bei SENtypha geht es ja auch darum, aus einem lokalen Rohstoff das Potenzial herauszukitzeln, das in ihm steckt. Und es hier vor Ort umzusetzen, für Jobs im Land.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen?
In den letzten zwei Jahren waren wir vom senegalesischen Umweltministerium damit beauftragt, Prototypen für Baustoffe aus Typha zu erstellen. Wir haben mit Partnern in Österreich, Tschechien und Spanien gearbeitet, die Erfahrung haben, wie aus Hanf oder Stroh Baumaterialien entstehen. Mit ihnen gemeinsam entstanden dann Bausteine, Platten für den Fertigbau und einige Ideen außerhalb von Baustoffen, wofür die "Abfälle" noch gut sein könnten.
Typha wird bisher nur in ganz kleinem Rahmen und handwerklich genutzt, nicht industriell. Damit man das im großen Stil machen kann, braucht’s eine effiziente Erntemethode. Um aus dem Schilfrohr Häuser zu bauen, braucht es pro Haus etwa 240 Tonnen frisches Typha – das geht nicht mehr von Hand. Wenn jetzt also mein Ziel ist, jeden Tag ein preiswertes Öko-Haus für Menschen im Senegal herzustellen und eine wirtschaftliche Perspektive in Ernte und Produktion zu haben, dann benötigen wir erstmal die Methode zur Ernte. Und die wollen wir per Crowdfunding finanzieren.
Warum ist es euch wichtig, das Projekt zu realisieren?
In die Untersuchung von Typha sind etliche Entwicklungshilfegelder geflossen. Alle Studien sagen: Da ist Musik drin, toller Rohstoff, unbedingt nutzen. Wir sagen: Dann mal ran an die Ernte! Was nützen denn die ganzen Erkenntnisse aus den Studien, wenn sie niemand umsetzt? Dabei ist das wirtschaftliche Potenzial auch nur eine Seite der Medaille. Die andere – für mich entscheidende – ist doch, dass damit hunderte von Arbeitsplätzen entstehen können in einer Region, wo sie wirklich dringend nötig sind! Wenn es uns gelingt, diesen Menschen mit einem Job in ihrer Heimat eine Perspektive zu bieten und damit eine Alternative zur Flucht nach Europa, dann ist das doch alle Mühen wert!
Welchen Crowdfunding-Tipp kannst du zukünftigen Startern weitergeben?
Ich bin fest davon überzeugt, dass Crowdfunding bald viel mehr ist als die (Vor-)Finanzierung eines tollen Produktes oder einer überzeugenden Idee. Es ist auch Multiplikation, Markttest, Kommunikation. Ja, auch ein wenig Rebellion gegen klassische Finanzierungswege. Redet mit so vielen Leuten wie möglich über Eure Idee. Wir haben als häufigste Reaktion zurückbekommen: "Schräg, aber cool!" Nicht etwa "Echt? Dafür Crowdfunding?? Im Ernst???" Wenn also viele Leute in eurem Umfeld eure Idee teilen, sollte das auch im Netz funktionieren.
Und noch eine Erfahrung, die wir gerade machen: Traut euch, im Verlauf der Kampagne auch mal einen neuen Aspekt reinzubringen. Wir werden zum Beispiel ganz oft nach dem Baustoff und seinen Eigenschaften gefragt, das hat mit der Ernte erst mal nix zu tun – aber wenn’s hilft, die Leute vom Projekt zu überzeugen, ist es genau die Antwort, die wir in der zweiten Hälfte der Kampagne einbauen werden.
Mit wem würdet ihr gern zusammenarbeiten?
Uns erreichen jetzt schon Anfragen von Maschinenherstellern und Produzenten von Ökobaustoffen, mit denen wir erste Gespräche führen. Der Bereich der Berufsausbildung wäre passend für Stiftungen mit entsprechendem Zweck. Vom senegalesischen Umweltministerium haben wir klares Signal, dass sie unsere Arbeit unterstützen. Von deutscher Seite würde ich mir ähnliches wünschen. Und der Bereich Erntelogistik wird entscheidend, da würden wir uns auch über Kontakte und Vernetzung freuen.
Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg für eure Kampagne!
Hier könnt ihr SENtypha unterstützen.
© Fotos: KAITO Energie AG