Nach den alten Regeln der Walz wandern Zimmerleute und Steinmetze durchs Land. Oder auch Tischlerinnen oder Gesellinnen auf der Bäckerwalz. Nach ihrer Ausbildungszeit ziehen die los, um das, was sie gelernt haben, vor Ort bei verschiedenen Meistern anzuwenden. Neue Techniken, neue Rezepte zu lernen. Wandergesellen wissen dabei morgens nicht, wo sie abends schlafen werden. Sie folgen einer alten Tradition und halten sich an viele besondere Regeln. Das fasziniert mich. Und genau das will ich auch machen.
Ich habe zwei linke Hände, ich kann nur Schreiben. Mein Material sind die Buchstaben, mein Werkzeug ist das Fragenstellen. Mein Handwerk – den Journalismus – habe ich auf der Deutschen Journalistenschule gelernt. Danach habe ich als freie Reporterin gearbeitet. Aber irgendwann habe ich gemerkt, dass ich immer weniger raus komme, immer seltener weg vom Schreibtisch. Und jetzt will ich wieder da hin, wo ich mal angefangen habe zu berichten: Vor Ort, im Lokalen.Vereinsjubiläen, Kaninchenzüchtertreffen, Insektensammlerbörsen. Ich will wieder davon erzählen, wofür die Menschen sich in diesem Land begeistern.
Auf der Wortwalz will ich mich dabei so gut wie möglich an die Regeln der Wandergesellen halten: Kein eigenes Handy, keinen Laptop, kein Geld für Zugreisen oder Hotelzimmer. Das wird nicht leicht. Und um ehrlich zu sein: Ich bin auch erst ein Mal in meinem Leben getrampt. Und das war auch noch mit einer ziemlich netten Omi. Aber ich will dieses Leben auf der Straße ausprobieren. Ich will wissen, wie es, wenn man sich an das alte Gesellenmotto hält: Arbeiten um zu reisen - Reisen um zu arbeiten.
Eines muss dabei klar sein: Ich bin keine echte Handwerksgesellin. Ich bin auch keine drei Jahre und einen Tag lang unterwegs. Aber wann immer es möglich ist, will ich das Leben der Fremdgeschriebenen, wie sich nennen, ein bisschen besser verstehen.
Ende Juli werde ich hier in München losgehen. Wie es sich gehört, werde ich am Stadtrand eine Flasche Schnaps verbuddeln und dann versuchen über das Ortsausgangsschild von München zu klettern. Danach liegt ein Bannkreis von 50 Kilometern um meinen Wohnort, in den ich nicht zurückkehren darf.
Was ich von meiner Reise mitbringen möchte, sind aber nicht nur fettige Haare und einen müffelnden Schlafsack. Sondern auch ein paar Einblicke in die Arbeit von Lokaljournalisten im ganzen Land bekomme. Ich will herausfinden, die die heute Ihre Seiten vollkriegen, welche Tools sie benutzen, über welche Themen sie mal ganz anders berichten. Ich will herausfinden, wie der Lokaljournalismus überleben kann. Alle sagen ja immer, die gedruckte Zeitung wird bald aussterben. Aber ich glaube, das Handwerk des Geschichtenerzählens, das wird immer weiterleben.
Über all das schreibe ich auf meiner Seite www.wortwalz.de. Dort stehen dann auch meine Texte aus den Schrebergartenkolonien und aus den Freibädern der Republik.