Ich bin in den 1950er Jahren aufgewachsen, habe in den 1960er Jahren meine Schul- und Berufsausbildung absolviert und in den 1970er Jahren erfahren, was es bedeutet, in der damaligen Gesellschaft Frau und Fotografin zu sein. Die 1980er Jahre waren für mich besonders intensive Jahre als Fotografin, und ich entschied mich für eine Qualifikation durch ein Studium an der Universität Essen: Kommunikationsdesign mit dem Schwerpunkt Fotografie. Meine Abschlussarbeit:
Die Atelier-Fotografin.
Ein Frauenberuf im 19. Jahrhundert zwischen Modeerscheinung und Profession.
Aktuell bin ich seit über 50 Jahren in diesem Metier und in dieser Profession tätig – eine Berufung, die bis zum heutigen Tag anhält.
Im Mai letzten Jahres suchte ich nach einem ganz bestimmten Motiv, öffnete dafür etliche Kartons und Mappen, nicht ahnend, was sich dort für Schätze finden und was das mit mir machen würde.
Die Begegnung mit einem Selbstporträt aus längst vergangener Zeit, löste bei mir eine Reihe von Erkenntnissen und Erschütterungen in beide Richtungen aus: In die Vergangenheit und in mein heutiges Leben als angesehene Düsseldorfer Porträtfotografin mit eigenem Studio.
Mir wurde klar, wie wenig verbunden die analog arbeitende Fotografin der früheren Jahre und die jetzige, nun digital arbeitende, Künstlerin ist. Die Diskrepanz zwischen der in meinen Bildern stets spürbaren wertschätzenden und empathischen Zuneigung, die ich den von mir Porträtierten und Motiven entgegenbringe und der eigenen zweifelnden Abwertung meiner selbst gegenüber rückte aus der Verdrängung in den Vordergrund.
Erinnerungen an Brüche und Verletzungen, aber auch an Standfestigkeit und Mut wurden zu einer inneren Welle, der sich nicht mehr zu widersetzen war. Zeugnisse jeder meiner Lebensphasen sind Fotografien: In je einem winzigen Augenblick konzentrierte Geschichten, mit denen meine Bilder von der sichtbaren Welt erzählen und zugleich über die Betrachterin und Fotografin Auskunft geben – so als würde man umgekehrt durch ein Objektiv blicken.
Diese Kraft des Ringens und Scheiterns, des Neubeginns und der Integration verloren geglaubter Anteile in meinem künstlerischen Leben führte zu dem Gedanken, eine Ausstellung zu konzipieren, die mein Lebenswerk retrospektiv beleuchtet. Diese Ausstellung wird ab dem 01. Juni 2020 für vier Wochen in den Ausstellungsräumen des Gerresheimer Bahnhofs zu sehen sein.
Zeitgleich zur Ausstellung möchte ich einen Bildband/Katalog herausgeben, damit die zeitlich begrenzte Wirksamkeit der Ausstellung durch ein länger wirksames Medium ergänzt wird.
Dieses Buch ist der Kern meiner Startnext-Kampagne.