co:funding Speaker: Jens-Uwe Sauer von Seedmatch spricht über seine Crowdfunding-Mission für Startups
Mit der Gründung von Seedmatch im August 2011 wurde Jens-Uwe Sauer prompt zum deutschen Pionier in der Crowdfunding-Bewegung für Startups. Seitdem setzt er sich aktiv für verbesserte Rahmenbedingungen von Crowdfunding in Deutschland ein und schreckt dabei auch nicht zurück seine Kritik (wie kürzlich) direkt an die Bundesregierung heranzutragen. Was ihm zu seiner Crowdfunding-Passion bewegt, ob sein Aktionismus Zuspruch erhält und wie die Zukunft von Crowdfunding aus seiner Sicht aussieht, verrät uns der co:funding Speaker Jens-Uwe Sauer in diesem Interview.
Im August 2011 ist Seedmatch als erste Crowdfunding-Plattform für Startups in Deutschland online gegangen. Was hat dich zu dieser Vorreiterrolle bewegt?
Während meiner Tätigkeit als Unternehmensberater habe ich mich täglich mit zukunftsweisenden Geschäftsmodellen beschäftigt und wusste, wie schwer Gründer an eine Frühphasen-Finanzierung kommen. Es mangelt hierzulande an einer Business-Angel-Kultur wie beispielweise in den USA. Paradoxerweise ist im Markt genügend Kapital vorhanden und es gibt viele Privatpersonen, die gern in Startups investieren würden. Folglich musste ein Weg gefunden werden, wie sich auch Privatpersonen, die über Kapital aber nicht über Zugänge zu Startups verfügen, ab kleinen Beträgen an zukunftsweisenden Geschäftsmodellen beteiligen können. Nachdem Plattformen wie Smava oder Kickstarter bewiesen hatten, dass man mit einem Crowdfunding-Modell auf sehr innovative Art Kapital im Netz einsammeln kann, war die Idee geboren.
Seit der Online-Schaltung konnten bisher neun Startups erfolgreich finanziert werden. Erfolge, die dich und dein Team sicherlich freuen und mit Stolz erfüllen. Aber Hand aufs Herz: Welcher Projekterfolg hat dich denn am meisten überrascht?
Nachdem SugarShape in weniger als 4 Stunden das Fundinglimit von 100.000 Euro erreicht hatte, war ich mir ziemlich sicher, dass dieser Rekord nicht so schnell geknackt werden würde. Viele Mikroinvestoren fanden das Projekt sehr sexy und die Gründerinnen haben einen tollen Job gemacht. Dass die Zeit dann doch noch so stark von easyCARD unterboten wurde, hat mich überrascht. Es hat mir aber auch gezeigt, dass die Crowd nicht nur attraktive Produkte sondern auch skalierbare Geschäftsmodelle erkennt und schätzt. Ich bin stolz darauf, dass unsere Crowd sich mit den Startups intensiv auseinandersetzt und clever investiert.
In deinem offenen Brief an die Bundesregierung vom 29. März sprichst du dich deutlich zur Lockerung des Verkaufsprospektgesetzes aus, da dieses Crowdfunding-Projekte über 100.000 Euro regelrecht ausbremst. Wie waren die Reaktionen auf deinen Brief und gibt es aus deiner Sicht noch weitere Hürden, die der Crowdfunding-Bewegung im Weg stehen?
Ich habe sehr viel Zuspruch sowohl von Startups und Investoren als von Bloggern und Experten aus der Gründerszene bekommen. Und auch einige überaus interessante Kontakte zu politischen Vertretern auf sehr unterschiedlichen Ebenen konnten aufgebaut werden. Diese wollen wir nun aktivieren, um auch auf politischer Ebene ein Bewusstsein für die noch ungenutzten Potenziale von Crowdfunding zu schaffen. Schließlich bietet sich mit Crowdfunding die Möglichkeit, durch die Verbesserung von Rahmenbedingungen deutlich mehr Innovationen und Entrepreneurship zu fördern, und dass vor allem ohne (!) Steuergelder aufwenden zu müssen. Aus unserer Sicht ist das ein sehr smarter Weg, um den Startup-Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb entscheidend zu stärken.
Insbesondere in Deutschland steckt Crowdfunding noch in den Kinderschuhen. Was denkst du, wird die Zukunft noch bringen?
Crowdfunding wird weiter wachsen und sich als ernstzunehmende und vor allem sehr vorteilhafte Finanzierungsmöglichkeit für Startups etablieren. Mittelfristig kann Crowdfunding neben dem formellen Beteiligungskapital (Venture Capital) und dem informellen Beteiligungskapital (Business Angels) eine tragende dritte Säule für Startup-Finanzierungen werden. In den USA ist man bereits heute der Meinung, dass Crowdfunding langfristig das entscheidende Finanzierungsmodell wird. Dem können wir nicht widersprechen.
Für das bessere Verständnis trennen wir Crowdinvesting- und Crowdfunding-Modelle voneinander. Während beim Crowdinvesting die Unterstützer stille Beteiligungen an den Startups erhalten, werden beim Crowdfunding die Unterstützer von kreativen Projekten mit sogenannten Dankeschöns belohnt. Warum hat sich diese verbale Trennung bei euch noch nicht durchsetzen können?
In den USA, dem Mutterland dieses neuen Finanzierungsmodells, heißt es Crowdfunding. Es ist der „Crowdfunding“ Act, der die Schwarmfinanzierung von Startups reguliert und gerade in den USA verabschiedet wurde. Deswegen ist aus unserer Sicht der Begriff Crowdfunding der einzig richtige.
Wir danken dir vielmals für das spannende Gespräch und freuen uns schon auf die Fortsetzung auf der co:funding in Berlin!