Mutige gestalten die Zukunft
Resümee der 1. Crowdfunding Konferenz co:funding  

Resümee der 1. Crowdfunding Konferenz co:funding  

15.08.2011
4 min Lesezeit

(Anmerkung: Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Dokumentation der co:funding, die demnächst erscheint.)  "Wir befinden uns mit dem Thema Crowdfunding hinsichtlich der Wahrnehmung dort, wo Social Networks 2007 waren!" So formulierte Sebastian Dresel, Beauftragter für Kultur- und Kreativiwrtschaften der Stadt Mannheim seine klare Prognose für die Zukunft  von Crowdfunding in Deutschland. Aus seiner Sicht wird der Trend Kultur-Crowdfunding sowie der gesamte Themenbereich digitale Medien dennoch von Seiten der Politik viel zu wenig wahrgenommen obwohl die wachsende Anzahl von erfolgreichen Crowdfunding-Projekten die Relevanz deutlich belegt.

Die Idee der 1. Crowdfunding-Konferenz war es genau diese Wissenslücken zu schließen, die Akteure der Kultur- und Kreativwirtschaft zusammenzubringen, um erstmalig ausführlich über die Dimensionen von Crowdfunding als alternative oder ergänzende Finanzierungsmöglichkeit für kulturelle Projekte zu diskutieren. Eine der zentralen Fragen der co:funding wurde aus unterschiedlichen Perspektiven erörtert:   

Wie wird Crowdfunding von Seiten der Kulturpolitik wahrgenommen und welche politische oder auch ökonomische Bedeutung wird diesem Instrument zugeschrieben?

Die Entwicklung von Crowdfunding-Plattformen ist für Tanja Mühlhans (Referentin Kreativwirtschaft vom Senat für Wirtschaft Technologie und Frauen in Berlin) ein klares Signal an die Kulturpolitik, das nicht überhört werden sollte. Crowdfunding ermöglicht mit seinen einfachen und innovativen Funktionen das Gegenteil der bürokratischen Förderung und genau dieser Aspekt  scheint den Charme und den Reiz von Crowdfunding-Plattformen auszumachen. Alain Bieber (Arte Creative) formulierte vielmehr die provokante These, dass die Entwicklung von Crowdfunding und damit die Selbstorganisation der Kreativen ein Zeichen für das Versagen öffentlicher Förderung sei. Der bürokratische und zeitaufwendige Prozess der öffentlichen Antragstellung hält viele Kreative davon ab, sich überhaupt um öffentliche Förderung zu bemühen. Crowdfunding-Plattformen ermöglichen einen neuen Weg der Kulturförderung, indem sie auf die veränderten Rahmenbedingungen von Kultur- und Kreativschaffenden eingehen: Dazu zählen u.a. die wachsende Nutzung neuer Medien, die Verbreitung digitaler Geschäftsprozesse und die große Bedeutung von Netzwerken in der Kultur- und Kreativwirtschaft. Die zukünftige Herausforderung für die Betreiber der Crowdfunding-Plattformen wird es sein, die Übersichtlichkeit und technischen Funktionalitäten der Plattformen zu forcieren und dabei gleichzeitig die Qualität der Projekte zu halten.

Crowdfunding und öffentliche Förderung als Co-Finanzierung

Aus Sicht der Politik bzw. der Verwaltung ist jedoch nicht nur der Finanzierungsaspekt von Crowdfunding interessant, sondern vor allem der Partizipationsgedanke. Viele Beispiele wie Stuttgart 21 oder der Volksentscheid in Hamburg haben gezeigt, dass Bürger mitreden und sich beteiligen wollen. Crowdfunding zeigt einmal mehr, dass die modernen Kommunikationstechnologien genau diese gewünschte Partizipation ermöglichen. Die Frage, die sich  für die Politik angesichts dieser Entwicklung umso dringlicher stellt ist, wie öffentliche Institutionen auf diese Entwicklungen reagieren und sie für sich nutzen können. Auf der co:funding wurden vor diesem Hintergrund neue Wege diskutiert, wie sich öffentliche Stellen auf Crowdfunding-Plattformen einbringen können

Ein spannender Ansatz ist die Idee der Co-Finanzierung (bzw. cofunding): Die privaten Gelder auf Crowdfunding-Plattformen werden von öffentlichen Förderinstitutionen gespiegelt (Bsp. 50% der Budgets von Crowdfundern, 50% von der Kulturförderung) oder ergänzt. Diese Kooperationsmodelle können für die öffentliche Kultur- und Wirtschaftsförderung insbesondere im regionalen Raum ein innovativer Ansatz sein, hält Lutz Gärtner von der Initiative Kultur- und Kreativwirtschaft vom Bundeswirtschaftsministerium fest. Die Vorteile dieser Kooperationsmodelle zwischen privater und öffentlicher Förderung liegen auf der Hand: Kulturförderung wird insgesamt transparenter und Entscheidungen werden legitimiert, indem die Auswahl der Projekte vom Publikum und Kulturschaffenden gemeinsam gesteuert wird und nicht nur kulturelle Eliten entscheiden, welche Projekte förderungswürdig sind und welche nicht. Die Kulturförderung ist somit nicht mehr losgelöst vom Publikum, sondern die Nachfrage nach kulturellen Angeboten kann direkt abgebildet werden. Damit kann der Ausfall von sinnloser Förderung minimiert werden. Ein weiteres Argument für solche Kooperationsmodelle ist der finanzielle Aspekt: Da wir nicht davon ausgehen können, dass die öffentlichen Zuwendungen für Kultur in den nächsten Jahren steigen werden, sollte es Aufgabe der Politik sein das private Fördern von Kultur voranzutreiben. Indem öffentliche Institutionen aktiv auf Crowdfunding-Plattformen fördern und präsent sind, werden nicht nur private Gelder für Kultur mobilisiert, sondern gleichzeitig wird dem Thema die notwendige Aufmerksamkeit und öffentliche Wertschätzung gegeben. Damit einher geht, dass Förderinstitutionen mit der Community interagieren können und gemeinschaftlich fördern, jedoch werden sie dabei nicht mehr die traditionell gewohnte Kontroll- und Kommunikationshoheit besitzen.

Angesichts der schwierigen Situation der öffentlichen Kulturförderung, sollte es im Sinne der Politik sein, Crowdfunding als Instrument der privaten Förderung voranzutreiben. Tanja Mühlhans ist der Meinung, dass es entscheidend ist, dass die öffentlichen Stellen Beratungskapazitäten zu diesem Thema aufbauen. Damit Crowdfunding nicht nur in der Nische bleibt und sich Kultur- und Kreativschaffende gegenseitig unterstützen, sind insbesondere öffentliche Institutionen  und die Massenmedien mit ihrem Zugang zu den Bürgern gefragt, das Thema auch in der breiten Masse bekannt und verständlich zu machen.

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