Mutige gestalten die Zukunft
Teil 2:
Projekte

Teil 2: "Taste the Waste" Dokumentarfilmer starten das Projekt "Foodsharing" - wie reagiert die Politik?

21.05.2012
6 min Lesezeit

Wir hatten ja gesagt, dass wir das Projekt foodsharing intensiver begleiten und euch in regelmäßigen Abständen über den Stand der Dinge informieren werden. Wir haben weiter in den letzten Tagen die Aktionen des Teams um foodsharing und die Beteiligung der Menschen beobachtet. Hierbei sind erstaunlichen Bewegungen zu beobachten, die wir mit Sebastian und euch diskutieren möchten.

Teil 1 des Foodsharing Berichtes

[...]

Rund um foodsharing passiert eine ganze Menge, die Anzahl der Teilnehmer an der Facebook Gruppe wächst stetig und die Beteiligung ist enorm. Die Menschen der Gruppe sind aktiv am Ideenmanagement rund um das Thema beteiligt und bieten ihre Unterstützung in den verschiedensten Ausprägungen an. Das weißt weist auf eine dringende gesellschaftliche Relevanz hin.
Das hat nun auch Johannes Remmel (NRW Umweltminister, Die Grünen) bestätigt und zumindest ideelle Unterstützung zugesagt (Videobotschaft zu sehen im Projektblog).


Sebastian, was meinst du, kommt die ideelle Zusage rein zufällig zu diesem Zeitpunkt oder ist es der Verdienst eurer unermüdlichen Arbeit?

Die Debatte über Lebensmittelverschwendung in Deutschland war längst überfällig. Wir freuen uns über den Erfolg unseres Dokumentarfilms „Taste The Waste“, mit dem wir bei der Politik offene Türen eingerannt und eine breite Diskussion in der Öffentlichkeit ausgelöst haben. Jetzt wird viel über Lösungsperspektiven diskutiert. Wir finden es ist an der Zeit für ganz pragmatische Lösungsansätze. Das wir mit der Idee den individuellen Überfluss – und nicht zuletzt auch die industrialisierte Überproduktion - kostenlos zu (ver-)teilen nicht alleine dastehen, zeigt uns die große Resonanz auf unseren Vorstoß mit dem foodsharing Projekt.

Trotz der hohen Aufmerksamkeit und der qualitativ hochwertigen Multiplikatoren, ist die finanzielle Unterstützung bei diesem Projekt noch eher marginal. Was meinst du, woran liegt das?

Aus meinem persönlichen Umfeld bekomme ich oft die Rückmeldung, wir sollten doch öffentliche Fördermittel beantragen. Damit sind aber nicht nur langwierige bürokratische Prozesse verbunden, sondern es werden auch die Bedenkenträger in den Rechtsabteilungen massiv in das Projekt einschneiden. Denn dann geht es um Haftungsfragen. Was ist wenn sich einer den Magen verrenkt. Wir möchten nicht abhängig sein vom guten Willen einer Institution oder eines Gremiums. Sondern wir wollen gemeinsam mit den Menschen etwas Neues schaffen, das einen ganz alten Wert wieder in die modernen Zeiten bringt: Essen teilen mit den Mitteln der digitalen Gesellschaft. Wenn die Plattform dann existiert, haben bereits einige Geldgeber Interesse signalisiert, die weitere Entwicklung von foodsharing in den kommenden Jahren zu unterstützen. Das Europäische Parlament hat das Jahr 2014 zum Jahr gegen die Lebensmittelverschwendung ausgerufen. Wir wollen und können nicht darauf warten. Jetzt ist die Zeit, um Weichen zu Stellen und den Menschen, den Erzeugern und den Händlern ein modernes Tool in die Hand zu geben, mit dem jeder seinen ökologischen Fußabdruck verringern kann.

Ein direktes Produkt aus eurem Projekt ist ohnehin kostenlos, meinst du dass ein Projekt wie das eurige eher über Spenden funktioniert?

Wir haben uns für das „Alles oder Nichts“-Prinzip des Crowdfunding entschieden, weil wir mit einer kleineren Summe die technische Umsetzung der foodsharing App nicht sicherstellen können. Die Herausforderung bei diesem Projekt besteht darin, dass wir bei einer kostenlosen Internetplattform kein Produkt herstellen, welches wir vorab via Crowdfunding verkaufen könnten. Deshalb bieten wir die Produkte, die wir bereits haben, als Dankeschön an, also z.B. die DVD und das Buch. Wir hatten gehofft, dass wir über den materiellen Gegenwert unseres Dokumentarfilms und des Buches hinaus auch Spenden erhalten würden. Leider ist uns das nicht in dem Maßstab gelungen, den wir uns gewünscht haben. Aus dem Grund möchten wir die Dankeschöns gerne überarbeiten und freuen uns sehr über konstruktive Vorschläge aus der Community. Zwei Angebote haben wir bereits: Der Künstler Uli Westphal will eine limitierte Auflage seines „Mutatoes“-Kunstdrucks zur Verfügung stellen, und der Kräuterkoch Peter Becker seine leckeren „Taste-The-Waste“-Gläser: Brotaufstrich aus Kohlrabi-Grün und Brotpudding mit Springkraut-Gelee (jeweils mit Rezept auf dem Etikett).

Was meinst du, erwächst das Bedürfnis zum Bewusstsein, ressourcenschonender mit unserer Nahrung umzugehen, zu einem Gesamtgesellschaftlichen Gut in dessen Verantwortung der Staat expliziter einbezogen werden sollte?

Für unseren verschwenderischen Lebensstil sind nicht nur wir Verbraucher verantwortlich, sondern auch die Wirtschaft, die die Waren so präsentiert, dass wir dazu verlockt werden, immer zu viel zu kaufen, und die Politik, die viel von nachhaltiger Entwicklung redet aber es versäumt, einen ordnungspolitischen Rahmen zu setzen. Die Politik muss die Voraussetzungen schaffen, damit jeder in der Wertschöpfungskette seinen Beitrag zur Lösung des Problems beitragen kann. Hierzu hat Valentin Thurn bei einer Anhörung im Agrarausschuss des Bundestages bereits konkrete Vorschläge eingebracht: Das Wegwerfen sollte für die Unternehmen so teuer werden, dass es sich für sie lohnt, nach Alternativen zu suchen. Mehr Wertschätzung für Lebensmittel sollte bereits durch die Schulbildung vermittelt werden. Und die Normen der EU und des Handels sollten gestrichen werden, damit nicht schon ein großer Teil der Ernte aussortiert werden muss, weil das Obst oder Gemüse nicht perfekt geformt ist, obwohl es eigentlich gut genießbar wäre. Eine Idee ist auch es ähnlich dem „GoodSamaritanAct“ in den USA politische Rahmenbedingungen zu schaffen und die strengen Haftungsbedingungen für die kostenlose Weitergabe von “abgelaufenen” Lebensmitteln zu lockern. Denn wenn keine Gewinnerzielungsabsicht im Spiel ist, dann ist auch kein Betrugsversuch zu befürchten.

Wir hatten schon auf der Startnext Facebook Seite berichtet - soll es nun einen gemeinnützigen Verein geben, der sich um die Belange der Plattform foodsharing kümmert?

Ja. Nachdem die Community sich eindeutig für einen e.V. ausgesprochen hat, haben wir das gestern in die Tat umgesetzt, der Verein ist gegründet. Jetzt werden wir die Gemeinnützigkeit bei dem zuständigen Amtsgericht hier in Köln beantragen. Dabei haben wir sehr wertvolle Hilfe von ganz unterschiedlichen Menschen: Food-Aktivisten, Rechtspfleger beim Amtsgericht, Vorstände von bereits eingetragenen gemeinnützigen Vereinen, Juristen, und Politikern.
Sebastian ich danke dir für das Interview.

Liebe Startnext Fans, was meint ihr, ist ein Projekt dessen Produkt ohnehin kostenfrei angeboten wird, ein funktionierendes Thema für das Crowdfunding? Würdet oder habt ihr die Projektidee schon unterstützt?

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