Mutige gestalten die Zukunft
Künstler-Spotlight #16: Judith van Hel über Tattoos, Idole und geheime Leidenschaften

Künstler-Spotlight #16: Judith van Hel über Tattoos, Idole und geheime Leidenschaften

Franziska Scherk
17.06.2015
7 min Lesezeit

Die 29-jährige Rockröhre Judith van Hel erzählt euch in unserem exklusiven Interview von ihren Erfahrungen bei "The Voice of Germany", ihren ambivalenten musikalischen Einflüssen und warum sie gern ein Mathe-Genie wär.

Die 29-jährige Rockröhre Judith van Hel erzählt euch in unserem exklusiven Interview von ihren Erfahrungen bei "The Voice of Germany", ihren ambivalenten musikalischen Einflüssen und warum sie gern ein Mathe-Genie wär.

Musik spielte schon früh eine große Rolle in deinem Leben: Zur Schulzeit warst du in einer Schülerband aktiv und mit 19 hast du bereits als Frontfrau mit deiner ersten Punkrockband “Ritalin” auf der Bühne gestanden. Was hat dich letztendlich zum Musikmachen bewegt? Und was hat deine Familie zu deinem Traumberuf als “Musikerin” gesagt?

Musik spielte nicht erst zur Schulzeit eine große Rolle bei mir. Ich wurde in eine sehr musikalischen Familie geboren und unsere Eltern ermöglichten es uns Kindern, jeweils zwei Instrumente zu erlernen. Es wurde bei uns zu Hause immer Musik gemacht. Es wurden Hausmusik-Abende mit anderen Familien veranstaltet und Musik war einfach immer der Mittelpunkt unseres Familiengeschehens. Besonders mit meinem Bruder habe ich sehr viel Musik gemacht und so war es klar, dass ich das auch außerhalb der Familie (also in der Schule und mit Freunden) tun werde. Ich habe nie klar formuliert, dass ich Musikerin werden möchte, aber klar ist, dass wenn man so eine große Leidenschaft hat, der Traum dies hauptberuflich zu tun natürlich vorhanden ist. Trotzdem habe ich das Abitur und eine Ausbildung gemacht. Das war meinen Eltern schon wichtig. Die Entscheidung mich als Sängerin selbständig zu machen habe ich ja erst relativ spät getroffen.

2013 verschlug es dich dann zur Casting-Show “The Voice of Germany.” Wie kam es eigentlich zur Teilnahme und was hattest du dir von dieser Chance erhofft? Und sind deine Erwartungen auch in Erfüllung gegangen?

Ich bin irgendwann aus meiner Heimatstadt, in der ich musikalisch sehr verwurzelt war, der Liebe wegen nach München gezogen. Ich hatte weder ein Klavier dort, noch eine Band. Ich machte quasi gar keine Musik mehr. Dann habe ich das Buch „Das Café am Rande der Welt“ gelesen und mich sehr mit den Themen Träume und Leidenschaften beschäftigt. Wie viel Zeit verbringe ich mit meinen eigenen Leidenschaften? Es wurde mir klar, dass ich ein Leben führte, das mich eigentlich nicht erfüllte und ich musste etwas dagegen tun. Eines Sonntags schickte ich ein Video an die Redaktion von TVOG und erhielt prompt eine Einladung zum Casting. Ich war an dieser Stelle bereit mein Leben komplett auf Links zu drehen und habe die Chance erhalten. Meine Erwartungen sind also mehr als erfüllt worden.

Du beschreibst deine Musik als sanft, emotional und tiefgründig und das ist auch die Musikrichtung die dir ganz besonders am Herzen liegt. In einem Interview sagtest du sogar einmal: “Ich habe einen Hang dazu, den perfekten Soundtrack für einen verregneten Sonntag in der Badewanne mit Suizidabsichten zu kreieren.” Wer hat dich in deiner Musik geprägt und ist das auch die typische Musikrichtung, die du privat hörst?

Bei mir spiegelt die Musik die große Ambivalenz wieder, die ich in mir trage, glaube ich. Auf der einen Seite ist da die Stärke. Ich höre Hardcore und Punkrock, Bands wie Comeback Kid, Have Heart, Strike Anywhere, Rise Against, Minor Threat, Fugazi, usw. Dann ist da aber auch eine Sanftheit, die sich sehr in Musik ausdrückt. Musik wie Bon Iver, Ben Howard, Lamb, Ásgeir, Coldplay, Fink, William Fitzsimmons, Massive Attack, usw.

Mit wem würdest du gern einmal auf der Bühne stehen?

Es gibt viele Songs, zu denen ich zu Hause Harmonien singe und immer das Gefühl habe: das würde gut zusammen passen. Andreas Bourani mit „Eisberg“ zum Beispiel oder Ben Howard mit vielen Songs. Die würde ich gerne mal im Background mit ihnen performen.

Das Musikbusiness ist ja bekanntlich keine einfache Branche und gerade als Newcomer muss man sich durchbeißen. Wenn du mal einen schlechten Tag erwischst - was macht dir wieder gute Laune?

Natürlich muss man sich durchbeißen, aber mein Credo ist von Anfang an, dass es ein Geschenk ist, dass ich die Musik zu meinem Hauptberuf machen konnte. Das wirkliche Leben und das wirkliche Durchbeißen findet in anderen Berufen statt und ich kann da aus Erfahrung sprechen. Ich habe lange im psychiatrischen Bereich gearbeitet.

Die Unterstützung deiner Fans durch das Crowdfunding wird ja von dir auf eine ganz besondere Art belohnt. Sie dürfen sich mit einem Tattoo auf deinem “Sammelbein” verewigen. Du wirst sie quasi dein Leben lang bei dir haben. Wie wichtig sind dir deine Fans und ab wann geht Fanliebe zu weit?

Natürlich sind mir die Menschen wichtig, die mich bei meinem Traum unterstützen. Ich habe auf meinem Körper viele Lebensereignisse und -phasen verewigt und ein großes Ereignis ist jetzt auch das Crowdfunding. Das gehört auch auf meinen Körper. Bis jetzt hatte ich keine Situationen, in denen Fanliebe zu weit ging. Ich glaube das kann man auch selbst durch seine eigene Haltung beeinflussen. Und da war die Psychiatrie eine gute Schule. Ich strebe danach, jedem auf Augenhöhe und mit viel Menschlichkeit zu begegnen, aber doch eine gesunde Distanz zu halten. Das gelingt mir natürlich nicht immer, aber ich versuche es.

Du bist ja offensichtlich ein großer Fan von Tattoos. Wann hast du dein erstes Tattoo stechen lassen und welches hat für dich die größte Bedeutung? Hat überhaupt jedes Tattoo eine tiefere Bedeutung für dich?

Mein erstes Tattoo habe ich mit Anfang zwanzig machen lassen, es war der komplette linke Oberarm. Grundsätzlich hat nicht jedes Tattoo eine Bedeutung für mich, denn die Hauptaussage ist, dass ich mich durch großflächige Tätowierungen abgrenzen möchte. Anders sein. Es gibt aber kleinere Tattoos, die eine konkrete Bedeutung haben. Ein Ranking gibt es dabei aber nicht.

Angenommen du würdest wiedergeboren werden, als wer oder was würdest du gerne noch einmal leben? Und warum?

Ich würde gerne als Mathe-Genie geboren werden und durch Formeln großartige Dinge in Bewegung setzen. Mathe habe ich nie verstanden und es scheint mir schon immer so, als sei eine so klar strukturierte Begabung greifbar und handelbar, im Gegensatz zu einer musikalischen Begabung.

1. Fan-Frage von Yetta: Bei welchem Tattoo an welcher Körperstelle musstest du die Zähne zusammenbeißen? Den Hals stelle ich mir ja schmerztechnisch ganz ordentlich vor.

Den Hals fand ich gar nicht mal so schlimm. Das schmerzhafteste Tattoo war definitiv meine Handinnenfläche. Aber generell merke ich mit zunehmendem Alter, dass ich immer weniger den Schmerz aushalten kann. So langsam könnte ich mal aufhören mit diesem Hobby ;-)

2. Fan-Frage von Nils: Ich würde gerne wissen ob sie jeden Tag schaut, wie viel schon eingegangen ist und was sie sich dabei denkt - hat sie Angst, ist sie stolz, enttäuscht, zuversichtlich, zufrieden?

Hi Nils. Am Anfang habe ich tatsächlich fast stündlich geschaut ob sich etwas bewegt. Im Moment habe ich so viel um die Ohren, dass ich nur zwischendurch reinschaue. Eigentlich bin ich zuversichtlich, dass es klappt und versuche mich nicht verunsichern zu lassen. Zufrieden bin ich hingegen irgendwie nie ;-)

Vielen Dank Judith, war nett mit dir zu plaudern! ;-)

Unser Anspiel-Tipp: "Bang Bang Bang"


Hier geht's zur Crowdfunding-Kampagne von Judith van Hel! 

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