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Deutsche Reisefotografien zwischen Aleppo und Alexandria

Wo manche die antiken Stätten fotografierten, suchten andere die Zeichen einer neuen Zeit. Zwischen Aleppo und Alexandria griffen deutsche Reisende im 20. Jahrhundert oft und gerne zur Kamera. Ihre Aufnahmen speichern Erinnerungen, wecken Sehnsüchte und dokumentieren eine Kulturlandschaft an der Schwelle zur Moderne. Für das Buch "Das gelobte Land der Moderne" (Jovis-Verlag) wurden 50.000 Reisebilder aus 100 Jahren gesichtet – und die 170 schönsten ausgewählt.
Finanzierungszeitraum
01.04.20 - 28.05.20
Realisierungszeitraum
bis Juli 2020
Website & Social Media
Mindestbetrag (Startlevel): 6.000 €

für eine gute Druck-Qualität

Stadt
Frankfurt am Main
Kategorie
Kunst
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Gefördert von
kulturMut
2.228 €
03.05.2020

#orientathome 5

Dr. Karin Berkemann
Dr. Karin Berkemann2 min Lesezeit

Wenn Fernreisen aktuell schon auf Eis gelegt sind, können wir wenigstens von zu Hause aus etwas Fernweh pflegen. In der guten Tradition der "tableaux vivants" haben wir die schönsten Reisefotografien aus "Das gelobte Land der Moderne" nachgestellt – coronagerecht in den eigenen vier Wänden und unter Einsatz ausgewählter Haushaltsgegenstände. Pro Woche stellen wir hier ein Bildpaar online: links das historische Vorbild (dieses Mal sind es gleich zwei), rechts unsere ganz persönliche Aneignung.

Der süddeutsche Theologe Eberhard Nestle (1851–1913) hatte bei seinen Fotografien eine Vorliebe für Ruinen. Eine von ihnen steht in Gerasa: Durch einen kleinen Säulenwald wird der Blick des Betrachters über das Trümmerfeld und eine anschließende Ortschaft hinweg bis zu den dahinterliegenden Hügeln gelenkt. Die Basen sind von Wiese umgeben, die Stümpfe präsentieren sich versehrt und an einigen Stellen leicht aus der Achse geschoben. Die Kapitelle ragen funktionslos in den Himmel. Für das antike Auge wäre dieses Bild schwer erträglich, denn hier ist die korinthische (Säulen-)Ordnung empfindlich gestört. Für den bildungsbürgerlichen Besucher hingegen, der schon auf dem Seeweg über Athen oder Zypern in die Welt der Tempel eingetaucht ist, sieht genau so Geschichte aus. Der inszenierte und konservierte Verfall gehört zum humanistischen Programm.

Wo die Natur auf den Kapitellen von Gerasa zum steinernen Akanthusblatt stilisiert wird, bricht das Grün auf einem Farbdia von Gil Hüttenmeister als äußerst lebendiger Kaktus durch. Er wächst schlank in die Höhe und knickt leicht aus der Achse, ein wenig wie die antiken Säulen des Nestle-Fotos. Auch die senkrechten Kaktus-Rillen und die Schalungspuren der ihn umgebenden Beton-Stützen erinnern an jene Kanneluren, die den Gerasa-Säulen zur vollgültigen korinthischen Ordnung fehlen. Die Rundstützen des Farbdias von 1960 tragen in Jerusalem das Sockelgeschoss der Israelischen National- und Universitätsbibliothek , die gerade fertiggestellt wird. Noch ist die Fläche nicht vollständig begrünt, noch sind die Hügel nur spärlich mit Neubauten bedeckt. In diesem Umfeld spielt die Nationalbibliothek auf dem Campus (Giv’at Ram) der Hebräischen Universität – ähnlich wie das gegenüberliegende Ensemble von Knesset und Israel-Museum – durchaus mit klassischen Motiven. Denn so sehr die Moderne grundsätzlich das Ende aller Stile ausruft, so geschickt bedient sie sich in Jerusalem architekturhistorischer Zitate, um der jordanisch verwalteten Altstadt einen wirkmächtigen Tempel der Bildung entgegenzusetzen.

Vorbilder: Eberhard Nestle: Gerasa, sog. Artemistempel, 14. April 1909; Gil Hüttenmeister: Jerusalem, National- und Universitätsbibliothek, 1960, Aneignung: privat, 2020.

Das Crowdfunding-Projekt wurde erfolgreich abgeschlossen. Das Unterstützen und Bestellen ist auf Startnext nicht mehr möglich.

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